Montag, 17. November 2008
Einmal um ein Ei und zurück.
Da sass ich dann an einem Samstag Mittag in Block A, Reihe 13 und Sarah Wiener fragte ins große, weite Publikum, wer denn nun wüsste, woran man ein Bio-Ei erkennen würde.
Totenstille.
Wir befinden uns mitten in einer "Kochshow" im Kochtheater auf der Messe eat'n style in Köln, und keiner der Gourmets und Feinschmecker kann ein Ei anständig lesen?

Da besteht offener Aufklärungsbedarf!, dachte ich noch, und Frau Wiener fing derweil mit der Länderkennung an.

Also, meine lieben Leser, wir beginnen mit dem Ei, Lektion 1 ->
Was will das Ei mir sagen?

Eine schnelle Skizze vorab zum folgenden Text



Ein jedes Ei wird mit einem Stempel geliefert. Ausnahme vielleicht das Ei ihres Bauern auf dem kleinen Markt im Viertel, aber das ist eh Vertrauenssache, da fragt man gründlich nach und wenn der Bauer komisch wird, dann lässt man die Eier halt liegen.

Dieser Stempel verrät einem so ziemlich alles, was man wissen muss.
Er beginnt immer mit einer Zahl, und die geht von 0 bis 3.

0= Bio-Eier. Meint: Freilandhaltung mit Futter aus ökologischem Anbau.

1= Freilandhaltung. Meint: Pro Huhn müssen 10 m² Auslauf vorhanden sein.

2 = Bodenhaltung. Pro Quadratmeter Stallfläche dürfen maximal sieben Hühner gerechnet werden.

3 = Käfighaltung in Legebatterie. Meint: Pro Huhn werden 450–550 cm² Fläche gerechnet (ca. 3/4 eines DIN A4 Blatts)

Nach der ersten Ziffer kommt die Länderbezeichnung, also das Land, wo das Ei gelegt wurde. Da steht D für Deutschland, NL für die Niederlande, FR für Frankreich etc. Man kann sich da super an Autokennzeichen orientieren, falls man die Kürzel nicht zur Hand hat.

Auf die Länderbezeichnung folgt die Zahlenkette, und das ist quasi die Adresse des Mutterhuhnes und der Betrieb, wo man den Bauern findet, sollte man sich eine Salmonelle zugelegt haben. Die ersten beiden Zahlen geben den Wohnort an, die folgenden vier Zahlen die Adresse des Betriebes, und die letzten beiden Zahlen geben die Stallnummer an.

Wir schauen also noch einmal hinauf zu meiner Superskizze und stellen fest: Das erste Ei ist ein Bio-Ei aus Deutschland. Die Mutter ist sicherlich wohlauf, und läuft mit guter Ökosaat in den Backen über Misthaufen und Hügel. Abends schläft sie in einem sicheren Stall mit ihren Kolleginnen. Oder so.
Die Zahlenkette ist ausgedacht.

Das zweite Ei ist ein Freiland-Ei aus den Niederlanden. Die Mutter ist tagsüber gut gelüftet und auf Sichtweite mit ihren Kolleginnen auf dem Land unterwegs. Geschwooft wird abends im sicheren Stall. Junk-Food erlaubt.
Die Zahlenkette ist ausgedacht.

Das dritte Ei kommt aus einem Eierghetto. Die Mutter hatte kein Glück und wurde als Fabrikarbeiterin an einen deutschen Betrieb verkauft und lebt dort ohne Tageslicht in der Massenproduktion. Träumt oft von ihrer Schwester, die in einem 0-Betrieb lebt und ein eigenes Kind hat. Essen wie in einer Kantine, mit untergemischter Medizin in Intervallen.
Die Zahlenkette ist ausgedacht.

Das vierte Ei sollte es eigentlich gar nicht mehr geben. Ein ganzes Leben in einem niederländischen Drahtkäfig, dessen Fläche kleiner ist als ein Blatt Papier. Es gibt keine Sitzstangen, die zum natürlichen Leben eines Vogels nun mal gehören, Eier und Kot fallen durch ein Gitter. Einsammeln der Eier und Fütterung erfolgen vollautomatisch. Hohe Dosierung von Antibiotika und anderen Medikamenten, je nach Epidemie. Kommunikation mit den Kolleginnen weder möglich noch erwünscht, da eh alle geisteskrank und aggressiv.
Denaturiertes Futter, kein Tageslicht.
Die Zahlenkette ist -wie gehabt- ausgedacht.

Einfach, oder? Nur eine 0 merken, oder eine 1, dann am besten aus nächster Nähe (es gibt im eigenen Land immer genug Eier, da muss nicht noch ein LKW über die Autobahn.) und schon kann man guten Gewissens seine Eier kaufen.

Ist das auch frisch?

Genau. Erst einmal das Haltbarkeitsdatum nachsehen.
Ach so - sie machen das wie so viele, und holen die Eier aus der Verpackung um sie im Kühlschrank in das Eierfach zu räumen? Und wann hat man sie noch gleich gekauft?

Es gibt da einen Trick, und der hat mit der Luftkammer im Ei zu tun. Die Feuchtigkeit, welche in ein einem Ei steckt, die verdunstet. Langsam zwar, aber sie tut es. Je älter das Ei also wird, desto größer wird seine Luftblase am unteren Teil.
Um nun zu testen wie frisch das Ei ist, welches man eben im Kühlschrank gefunden hat, füllt man eine Schüssel mit kaltem Wasser, und in diese legt man das Ei. Ist es frisch, bleibt es unten am Schüsselgrund liegen wie ein Stein. Die Luftkammer ist klein, das Ei schwer.
Ist jetzt aber schon etwas Feuchtigkeit im Ei verdunstet, geht es langsam nach oben, es ist ja jetzt leichter und die Luftkammer will nach oben.
Wenn das Ei den Weg nach oben von alleine schafft, dann sollten sie sich in Frieden trennen, ungegessen.
Es wird schlecht sein, und ihnen nach Genuss davon auch.

An einem rohen, aufgeschlagenem Ei kann man die Frische an der schönen Dotterkuppel erkennen.
Oh, ihres hat keine mehr, weil der Dotter direkt kaputt gegangen ist? Dann war das Ei alles andere als frisch, oder sie sehr sehr grob.
In der Regel aber bleibt der Dotter bei einem frischen Ei auch bei grober Behandlung noch lange in Form.
Ist der Dotter flach wie eine Flunder oder geht direkt kaputt, dann sollte man dieses Ei höchstens noch als Backzutat verwenden.

Ist das Ei gekocht oder roh?

Man nehme das Ei und kurbele es auf einer guten, glatten Stelle einmal an wie einen Brummkreisel.
Ist es ein rohes Ei, wird es schlingern, da die Flüssigkeit darinnen hin und her schlackert.
Ist es ein gekochtes Ei, wird es unbeirrt und sehr schnell den Brummkreisel machen, weil innen nichts mehr schlackern kann.

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Eier sind im übrigen gesunde, kleine Energiepakete. Also zumindest die 0er und 1er, wie wir jetzt alle Sarah Wiener zurufen könnten.

Man sollte nicht zu viele auf einmal essen, aber bei all den drohenden Zeigefinger auch immer daran denken, dass die Pharmaindustrie uns gerne ihre Mittel verkaufen möchte. Zum Beispiel Cholesterinsenker.
Da werden angeblich wissenschaftliche Studien verbreitet, wo sich nicht immer viele die Mühe machen, sich das alles durchzulesen. Da werden Richtlinien und Sollwerte für die Obergrenze Mann und Frau alle paar Jahre runtergesetzt, mit dem Erfolg, das der Mensch an sich jetzt viel eher die Chance hat, zu einer Risikogruppe zu gehören und Medikamente zu brauchen als noch vor fünf Jahren. Es ist wie bei allem:
Die Menge macht das Gift.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim zukünftigen Eierlesen!

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