Montag, 10. Dezember 2012
Neue Serie: Lasst Kunden kochen & schreiben!
Das muss man sich einmal vorstellen. Da hab ich nicht nur immer wieder die tollsten Kunden der kompletten Erdkugel, nein, sie machen mich auch immer wieder so fluffig, wenn sie mir Dinge schicken. Und ja, ich bekomme viel geschickt. SMSe aus Umkleidekabinen, in denen grad jemand seine neue Konfektionsgröße abfeiert und mich teilhaben lässt. Fotos von Markteinkäufen, die gerne mal ausufern (like!), Menschen die verschwitzt und glücklich aus der Sportstätte eine MMS an mich senden mit sich selbst als glühenden Mittelpunkt, Mails mit running gags, die bei jedem Coaching so sicher wie das Amen in der Kirche passieren. Bücher, die mit einer Widmung für mich meine zwei Augen fluten. Und so weiter.

Und jetzt bekomme ich auch noch ganze Texte. Texte aus einer kleinen Küche in einer schönen Stadt, in der seit neuestem sehr ernsthaft das Kochen angegangen wird. Das alles mit einem wunderbaren Buch von Jane Hornby "Was koche ich & wie das geht". Ein Traum als Arbeitsmaterial für genau den Kreis der Kunden, die beim Thema Kochen von Null anfangen. Jeder Schritt wird beschrieben und bildlich dargestellt. Das bleibt keine Frage mehr offen, außer "Wie hat es geschmeckt?"
Der erste Küchentext hat mich so zum lachen gebracht, dass ich a) mehr davon will! und b) ich gefragt habe, ob ich diesen verbloggen darf. Da sollen doch alle etwas von haben. Und der Koch hat "Ja" gesagt.
Viel Spaß beim lesen! Gefällt euch der Text und ihr wollt dem Koch was nettes sagen? Aufmuntern? Mehr davon?
essen@silkenolden.de Ich leite alles weiter.

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Liebe Silke,
herzlich willkommen zum ersten Kapitel von

„Da hast du ja was angerichtet: Mein Katastrophenkochbuch“.

Lesen Sie heute:

Spaghetti Bolognese.

Benutztes Kochbuch:

„Was ich koche und wie das geht“ von Jane Hornby.

(von mir umgetauft in „Was ich koche und wie das beinah in die Hose geht“)

Hamburg, den 17.11.2012


"Spaghetti Bolognese oder Sag zum Mixer leise Servus."

Liebe Silke,

es fing schon mal ganz, ganz schlecht an: meine fest eingeplanten Gäste D. und S. hatten Streit und wollten deshalb nicht kommen, aber so schnell wollte ich mich dann doch nicht geschlagen geben, immerhin hatte ich den ganzen Quatsch für 6 Personen (!) nun schon extra eingekauft und am Radel-Lenker mühselig nach Hause balanciert.

Also, brav das Kochbuch aufgeschlagen, alles vorbildlich bereit gelegt und sicherheitshalber das Rezept für die Bolognese dreimal gelesen.

Tja, gleich schon mal ein dummer Anfängerfehler: wie soll man das Hackfleisch auf Küchenpapier legen, wenn man vergessen hat, dass man keine Rolle Küchenpapier mehr im Haus hat? Kurzentschlossen entscheide ich mich für einen alten Kaschmirpullover ein altes Küchenhandtuch, das ich in ein Sieb lege. Eine Entscheidung, die ich später noch bitterlich bereuen werde, aber ich möchte nicht vorgreifen.

So, noch mal meine Liste gecheckt: Dosenöffner, Käsereibe, Karottenschäler, alles griffbereit, dann kann es ja jetzt losgehen.

Mist, ich hab ja gar keine Pfanne, in die alles passt. Zumindest nicht, wenn ich zum Hackfleisch auch noch zwei Dosen pürierte Tomaten, Wein Milch, und Wasser schütten soll. Also auf die eine Platte die größte Teflonpfanne, die ich habe, und auf die Platte daneben einen großen Topf, den ich sicherheitshalber schon mal mit ein wenig Olivenöl befülle, damit später nichts anbrennt.

So, zum vierten Mal das Rezept lesen...

Hoppla, was sehe ich da? Die Bolognese muss 1 ½ Stunden einkochen?

Freunde, ich hab HUNGER! Egal, jetzt wird gekocht und wenn es bis morgen früh dauert.

So, Hackfleisch aus der Packung und rein in die Pfanne und kräftig rühren.

Das Hackfleisch riecht beim Anbraten ein wenig seltsam, vielleicht hätte ich doch vorher das Fell der Katze abziehen sollen, nee, kleiner Scherz, soweit sieht noch alles so aus wie auf den Bildern im Buch.

Ha, denke ich mir, während ich den Ring der Nibelungen lauter drehe (pardon, bin vor lauter Kochgeschichtenschreiben kurz in den Gröner-Modus geraten) die Beatles anmache, jetzt kannste ja eigentlich schon das Gemüse fertigmachen.

Die Karotten geschält – zwei statt wie vorgeschlagen einer, da ich aus Angst vor zu viel Karotten lieber erst mal eher kleine Vertreter der Spezies mitgenommen habe, doch heute kenne ich keine Gnade und ziehe die kleinen Wurzeln ab wie mein Lesepatenkind seine Mitschüler aus der 3b der Ulrike-Meinhof-Grundschule im Hamburger Schanzenviertel.

Hmm, was riecht denn hier so komisch? Ach, das Hackfleisch ist fast angebrannt, puh, das war knapp. Schnell die Pfanne vom Herd und das Fleisch in das im Sieb deponierte Handtuch gekippt.

So, Knoblauch und zwei Zwiebeln in kleine Stücke geschnitten, Sellerie hab ich gestrichen wg. Verdacht auf Nicht-Schmackeligkeit.

Alles in meinen guten, großen Saftmixer gefüllt, Deckel drauf und ab die Post...

Tja, eigentlich ein guter Plan, nur hätte ich mir vielleicht vorher mal die kleinen Symbole am Startknopf des Mixers etwas genauer anschauen sollen. Dann wäre ich vielleicht früher auf die Idee gekommen, dass ein Mixer, mit dem man laut Beschriftung Bananen und Himbeeren zu Smoothies verarbeiten kann, nicht unbedingt im Kampf gegen Mohrrüben und Zwiebeln als Sieger vom Platz geht.

Der Mixer mixt zwar, doch leider gibt er nach 5 Sekunden einen Ton von sich, der an eine sehr, sehr fiese Rückkopplung beim Konzert einer Death-Metal-Band erinnert.

Und von den Beatles ist auch nichts mehr zu hören, der CD-Player hat sich nämlich mal eben selbst ausgeschaltet. Könnte daran liegen, dass er an der gleichen Steckdose wie der Mixer eingesteckt ist. Oder es stecken die Illuminaten da hinter, das ist natürlich auch eine Möglichkeit. Wobei, wenn ich es mir recht überlege, ist doch eher der Mixer schuld.

Nun hab ich also einen Mixer, dessen Rührschüssel unten mit einer Masse aus halbpürierten Zwiebeln und Möhren gefüllt ist, auf denen nicht geschnittene Zwiebeln und Möhren liegen.

So, einmal probiere ich es aber noch, immerhin ist das gute Ding von Braun. Und deren Chef James Braun hat ja schon die „Sex Machine“ erfunden, da wird er doch wohl auch noch einen Mixer bauen können, der nicht gleich vor zwei Möhren in die Knie geht.

Arghhhhh! Der Ton wird noch mal einige Oktaven schriller. Und es riecht leicht angebrannt, wie man es von einem Kurzschluss kennt.

Von nebenan klopft mein Nachbar an die Wand und brüllt:

„Hören Sie sofort auf, das arme Tier so zu quälen! Unverschämtheit!“

Tja, wie bekomme ich das Zeug nun klein? Im Kochbuch steht „Wenn Sie keinen Mixer haben, dann schneiden Sie diese Zutaten einfach in kleine Stücke.“

Würde ich ja gerne, wenn ich noch Stücke hätte und nicht einen Brei aus püriertem Gemüse und Zwiebel-Möhren-Brocken, die sich irgendwo in dieser Mischung verstecken. Egal, dann muss das halt so rein, ist ja meine erste Bolognese und ich bin eh der einzige Gast im „Gasthof zum singenden Mixer“.

Erst mal die Masse aus dem Mixer gekratzt und das Gerät im Küchenwachbecken aus dem Weg geräumt.

Eigentlich ein guter Plan, hätte ich nicht genau in diesem Moment eine Vision, von der J.R. Ewing jeden Tag geträumt haben dürfte: Ich bin auf Öl gestoßen! In meiner Küche! ÖL! ÖL! Ich bin reich!

Sekunden später wird mir klar, dass es wohl keine so gute Idee war, Hackfleisch in ein Handtuch zu kippen, das in einem Sieb (!) liegt und selbiges dann vom Waschbecken auf die Arbeitsplatte daneben zu bewegen.

Die Arbeitsplatte der Küche schwimmt in heißem Olivenöl mit Fleischgeruch, also schnell das nächste Handtuch geopfert und das Öl aufgewischt.

Ade, du schöner Traum vom schwarzen Gold.

Bevor noch mehr passiert, das Sieb mit dem durchsuppenden Hackfleisch in Olivenöl wieder ins Waschbecken und den Speck angebraten. Das ist leicht, auch wenn ich ständig rühren muss, damit der Speck nicht zu dunkel wird. So, nun das Gemüse dazu und alles schön dünsten.

Zehn Minuten später ziehe ich schnell den Topf auf die heiße Herdplatte, auf dem vorher die Pfanne stand, kippe das Gemüse-Speck-Gemisch hinein und das Hackfleisch oben drauf.

Ahh, sieht schon gut aus, jetzt nur noch Wein, Tomaten, Milch, Wasser und Pfeffer und Salz dazu, kräftig umrühren und 90 Minuten köcheln lassen, ich hole mir in der Zeit schon mal ein Maxi-Menü von McDonalds. (kleiner Scherz, keine Sorge).

Moment, da war doch noch was, hab ja extra eine Packung Lorbeerblätter geholt. Aber wie bekomme ich die Dinger nachher wieder aus der heißen Sauce? Die Lösung ist einfach, aber genial: ich klebe mit Gaffa-Tape an jedes Lorbeerblatt einen meiner kleinen Kühlschrankmagneten. Nun muss ich vor dem Essen nur noch einen starken Magneten über den Topf halten und zack, alle Lorbeerblätter sind wieder draußen.

Überlege kurz, mir diese Idee patentieren zu lassen.

So, jetzt fast 90 Minuten köcheln lassen, Nudeln dazu (die erstaunlicherweise genau auf den Punkt gelingen) und Parmesan drüber...

LECKER! LECKER! LECKER!

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Das Buch:



Label Edel Books
Seiten 416 (850 Bilder)
ISBN 9783841901613
Künstler Jane Hornby
Ladenpreis 39,95 €